Spitz auf Knopf – Der clevere Kai!
Kolumne von Georg Gafron
So richtig zugetraut hatte dem CDU-Spitzenkandidaten Kai Wegner den Wahlsieg eigentlich niemand – „zu bieder, zu unerfahren, zu wenig Format!“.
Selbst wenn die Umfragen die Union als Favoriten der zu wiederholenden Abgeordnetenhauswahlen (Kosten: 39 Mio €) sahen, so schien es doch für eine Neuauflage der sogenannten „Fortschrittskoalition“ aus Rot-Grün-Dunkelrot zu reichen. Doch es kam anders: die CDU mit Kai Wegner 10% vor allen anderen, rot und grün Kopf an Kopf und die SED-Nachfolger weit abgeschlagen!
Die Freude bei den Christdemokraten war groß und verdient, doch so richtige Jubelstimmung wollte nicht aufkommen. Zwar hatte Wegners Truppe große Teile der Stadt als stärkste Kraft zurückerobert, doch unter dem Strich hätte es immer noch für den Wiedereinzug des links/bunten Bündnisses ins Rote Rathaus gereicht. Das wäre zwar dem Wählerwillen gegenüber unverschämt gewesen, doch haben sich echte Linke noch nie an solchen Formalien gestört. Besonders für Linkspartei und Grüne, aber auch für große Teile der Berliner SPD, sind die Bürger sowieso nur verblendetes Stimmvieh, das umerzogen werden muss. Dennoch wirkte die Niederlage auf das linke Berlin wie ein lähmender Schlaganfall. Es konnte einfach nicht wahr sein, was nicht wahr sein dürfte.
Die Einzige, die mit Realitätssinn die Niederlage wirklich akzeptierte und einsah, dass die Berliner tatsächlich einen Neuanfang wollten, war die SPD-Landesvorsitzende und noch Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey! Mutig entschloss sie sich für eine neue Ehe mit der CDU. Sofort brach in ihren Reihen ein Sturm der Entrüstung los. Schwarz-Rot muss auf jeden Fall verhindert werden, so die Devise. Schon begehrten die ersten größeren SPD-Bezirke auf, die Jusos riefen wie zur Zeiten der Oktoberrevolution 1917 in Russland auf die Barrikaden! Doch Giffey blieb standhaft und schaffte es immerhin, eine Mehrheit im SPD-Landesvorstand für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der CDU zu gewinnen. Ihr entscheidendes Argument dürfte die Prophezeiung gewesen sein, das bei einem anderen Weg die Genossen zur nächsten Wahl mit 10% nach Hause gehen würden. Ganz davon abgesehen, dass in einer Zweier-Koalition mehr Pfründe zur Verfügung stünden.
Wegner Begriff sehr schnell die missliche Situation der SPD Dame, er kam der neuen Partnerin mit Verständnis und nur wenig Härte entgegen. Selbst der wichtigste Grund seines Wahlsieges, die innere Sicherheit, überließ er mit dem Geschenk des Innensenators seiner Kontrahentin. Der Preis einer Ablehnung musste für die SPD-Linke so hoch wie möglich geschraubt werden. Viele Mitglieder der CDU aber auch ein nicht kleiner Teil der CDU Wählerschaft waren und sind skeptisch bis enttäuscht. Sie sollten begreifen, wie klug und demütig der Wahlsieger Kai Wegner mit seinem Triumph im Interesse der Stadt umgegangen ist. Die nächsten Jahre werden zeigen, wie Berlin, befreit von den Bullerbü-Träumen einer Jarasch und den Enteignungssehnsüchten eines Lederer, endlich durchstarten kann!