Rückblick 2023
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RDM-Immobilientag 2023

Nachlese zum RDM-Immobilientag

von Georg Gafron

Es gibt Tage, die unterscheiden sich ganz grundsätzlich von den vielen anderen unseres Lebens. Ich meine damit nicht runde Geburtstag, die Taufe eines Kindes, den Hochzeitstag oder ein ganz besonderes Jubiläum. Mir geht es um Momente und Erfahrungen, in denen wir mit etwas ganz und gar Grundsätzlichem konfrontiert werden. Die Folge ist oft ein Innehalten, ein plötzliches Besinnen auf das wirklich Wichtige, was unser Leben existenziell bestimmt und zur Selbstreflektion zwingt. Zugegeben, das Ganze ist immer anstrengend, ja sogar eine teilweise Überforderung. Aber gerade deswegen sind solche Tage notwendig inmitten des dahinfließenden Stroms unseres täglichen Daseins.

Eine gelungene und zugleich mutige Herausforderung dieser Art war der diesjährige Immobilientag des „Ring Deutscher Makler/Landesverband Berlin und Brandenburg eV“ im Hotel Palace. Wieder einmal war es dem Vorstandsvorsitzenden Markus Gruhn gelungen, ein breites Spektrum sehr unterschiedlicher Couleur am Rednerpult zu vereinen. Wer wagt es heute schon noch, an den Beginn einer Veranstaltung einen bekannten Repräsentanten des konservativen Urgesteins der Katholischen Kirche mit einem „Geistlichen Impuls“ zu stellen.

Nachdenklich rief der Abtprimas Doktor Wolf, Autor mehrerer Bestseller, in Erinnerung, dass außer Gott niemand die absolute Wahrheit kennt. Von daher, so der weise 83 – jährige Klostervater, könne auch kein Mensch den Anspruch auf die absolute Wahrheit erheben. Das letzte Wort liege immer beim Herrn und dem Heiligen Vater. Diese Erkenntnis sei in der modernen Welt weitgehend verloren gegangen. Die Unduldsamkeit und Schärfe der öffentlichen Auseinandersetzungen seien die Folge davon und vergifteten das redliche Miteinander der Menschen. Gott habe die Freiheit geschätzt und mit ihr unmittelbar Gelassenheit, Toleranz und die Größe des Verzeihens und Vergebens verbunden. Als besonders negativ bezeichnete Wolf den Anspruch mancher Moralisten unserer Tage, ideologischen Einfluss auf die Sprache zu nehmen.

Bekanntlich galt in allen totalitären Regimen die Regel: „Wer die Sprache beherrscht, will auch das Denken beherrschen. Der Geistliche spannte mit seinem Impuls eine Art Schirm über den ganzen Tag auf, der bis zum Ende zu spüren war.

„Deutschland – wohin? “ war die Frage, die dem renommierten Verfassungsrechtler und Ex- Bundesverteidigungsminister Rupert Scholz gestellt war. Die Antwort fiel präzise und kurz aus: Das Verhältnis der Deutschen zur Nation bestimme auch ihre Zukunft! Jedes Volk unserer Erde finde in der Nation letztlich sein Selbstverständnis. Die Nation definiere sich, so Scholz, aus einer Vielzahl von jeweils eigenen Merkmalen, die in ihrer Gesamtheit das Wesen einer Nation und den Identifikationsmoment der Angehörigen einer Nation ausmachten.

In Deutschland, so schlussfolgerte der CDU-Politiker, sei dieses Verständnis von Nation weitgehend verdrängt worden. So wie man auch nur noch selten vom deutschen Volk spreche, wenn es um die in Deutschland lebenden Deutschen gehe, sondern vielmehr um die Bevölkerung. Als wichtigsten Bestandteil nationaler Identität benannte Scholz das jeweilige kulturelle Erbe und dessen Pflege. Ablesbar sei dies insbesondere am Umgang mit der eigenen Sprache und den Resultaten des Bildungssystemes. Zur Illustration seiner Antwort verwies der Hochschullehrer auf das Ranking Deutscher Universitäten im internationalen Vergleich. Ein „Trostpflaster“ sei hier der Platz Nummer 8 für eine wohlgemerkt deutschsprachige Hochschule – die Universität Zürich in der Schweiz.

Der erste deutsche Standort besetzt mit der Maximiliansuniversität München Rang 128 der Tabelle.

Das einem Volk durch gemeinsame Identifikation mit den Elementen nationalen Selbstverständnisses erst die souveräne Basis für die Achtung und das Zusammenleben mit anderen Nationen eine Selbstverständlichkeit ist, garantiere auf Dauer eine stabile Zukunft.  Anderenfalls stoße bei einem gestörten Verhältnis einer Nation zu sich selbst das Zusammenleben mit anderen Nationen an seine Grenzen. Nur ein Volk, das sich seiner selbst bewusst ist, werde von anderen respektiert! Dies gelte es angesichts der unverändert unkontrollierten Zuwanderung aus anderen Kulturen nach Deutschland zu bedenken.

Es war schon schwere Kost, die der bis auf den letzten Platz gefüllte Saal gleich zum Auftakt verdauen musste. Nicht ganz so grundsätzlich ging es bei den sich anschließenden Gesprächsduellen zwischen dem langjährigen Regierenden Bürgermeister Berlins, Eberhard Diepgen, und dem ewigen Polit-Star der Linkspartei, Gregor Gysi, und dem Schlagabtausch zwischen dem ebenfalls Ex-Regierenden Michael Müller sowie dem Publizisten Georg Gafron zu. Mal launig, mal etwas ernster waren es die Geschicke unserer Stadt von Gestern und Heute mit altbekannten Themen und den nicht weniger unbekannten – dabei stets pointenreich und unterhaltsam – Antworten.

Regelrechten Schwung brachte nach dem Mittagessen ein vor Optimismus und Tatkraft strotzender Kai Wegner „in die Bude!“. Acht Wochen und einen Tag sei er jetzt im Amt, so der neue Regierende, doch mit jeder Minute wachse seine Freude bei der Bewältigung der großen Herausforderungen. Herzstück von allem sei für ihn die immer wieder angekündigte, aber nie wirklich in Angriff genommene große Verwaltungsreform mit dem Ziel einer Neugestaltung der Zuständigkeiten von Senat und Bezirken. Damit einhergehend müsse endlich der Abbau von lähmender Bürokratie und langen Bearbeitungszeiten von Bauanträgen. Nicht Ideologie dürfe die Stadt beherrschen, sondern Pragmatismus und an den Bedürfnissen der Mehrheit der Berliner orientiertes Handeln. Unveränderter Schwerpunkt bleibe der Bau neuer Wohnungen. Es gelte die Devise: „Jeder in Berlin müsse sich, eine seinen Möglichkeiten entsprechende, Wohnung leisten können.“ Dazu gehöre auch die Maßgabe, dass wer teure Luxuswohnungen bauen wolle, nach einem bestimmten Schlüssel auch preisgünstigere Angebote realisieren müsse. Der Immobilienwirtschaft versprach Wegner wörtlich, die Bearbeitungszeiten für Bauanträge radikal zu verkürzen.

Der Höhepunkt des Nachmittags aber war die aktuelle Weltlage und die Konsequenzen für Deutschland und Europa aus Sicht des, vor einem solchen Publikum nur selten auftretenden, ehemaligen Außenministers der Regierung Schröder und Grünen Spitzenpolitikers Joschka Fischer.

Mit großem Ernst bezeichnete auch er den Überfall Russlands auf die Ukraine als den Beginn einer neuen Epoche der Europäischen Geschichte. Um den imperialen Gelüsten Russlands standzuhalten, sei die Einigkeit im Westen und da besonders das Bündnis mit den Vereinigten Staaten von Amerika auf nicht absehbare Zeit die Grundvoraussetzung für das Bestehen des freien Europas. Allein sei dieses, „Ob einem das passe oder nicht“, nicht in der Lage, die Herausforderungen zu bestehen. Dabei werde Europa in den nächsten Jahrzehnten nicht mehr die zentrale Rolle in der Welt zukommen. Die Machtzentren würden zwangsläufig die USA und China sein, deren Verhältnis das Geschehen auf diesem Planeten beherrsche. Als weitere kommende Großplayer sieht Fischer Indien und Brasilien.

Bei aller Nüchternheit in der Beschreibung der Abhängigkeit Europas von den Vereinigten Staaten zum Erhalt eigener Souveränität und Freiheit, müsse auch Deutschland seine Verteidigungsfähigkeit erhöhen. Fischer wörtlich: „Wir haben Kriegszeiten in Europa, das ist vielleicht noch nicht allen klar geworden. Nicht Sparen sei jetzt das Gebot der Stunde.  Finanzielle Bedenken oder Verschuldungsängste seien nicht angesagt. Jetzt gehe es um weitaus mehr als den Haushalt. Auffällig an Fischers Ausführungen war, dass die „drohende Klimakatastrophe“ mit keinem Wort erwähnt wurde.

An den Gesichtern im Saal konnte man nicht ablesen, ob die Dramatik seiner Ausführungen von allen geteilt wurde. Der Beifall allerdings ging über das übliche Maß der Höflichkeit deutlich hinaus.

Wie sorgfältig Gastgeber Markus Gruhn die Dramaturgie des Tages geplant hatte, zeigte der Schlussakkord. Die Filmlegende Otto W. Retzer (Das Schloss am Wörthersee) plauderte mit dem Komiker und Songschreiber Mike Krüger über die Höhepunkte seiner Karriere und gemeinsame Abenteuer. Gelöste Heiterkeit und echte Freude waren der Preis dafür.

Wie von selbst schloss sich das Ende dieses Immobilientages seinem Beginn an. Abtprimas Dr. Wolf hatte zu Gelassenheit, Toleranz und Gottvertrauen gemahnt.

Mike Krüger fügte dem noch das Bekenntnis zur Fröhlichkeit hinzu. Den passenden Schlusspunkt setzte Eberhard Diepgen mit seinem Appell an die Eigenverantwortlichkeit des Menschen, denn nur darin erfülle sich gelebte Freiheit.

Was für ein erkenntnisreicher Tag!

Mehr als ein Nachtrag: die unbequemen Wahrheiten über die Wirksamkeit der Corona Impfungen, die der Immunologe Prof. Dr. Andreas Radbruch von der Berliner Charité – inmitten der großen Politik- vortrug. Überraschend und Sensationell: “ mehrfach – Impfungen waren überflüssig“.

Auch waren die Teilnehmer begeistert vom Vortrag des Vorstandsvorsitzenden der GASAG, Georg Friedrichs, der den Zuhörern viele Ängste vor der Energiewende nahm.