RDM Immobilientag 2021
Immobilientag des RDM – ein klarer Volltreffer!
Von Georg Gafron
Wo gibt es das heutzutage noch, dass Vertreter unterschiedlicher politischer Richtungen mit Unternehmern und Wissenschaftlern ohne Aggressionen zusammenkommen. Einmal im Jahr lädt der Ring Deutscher Makler Berlin-Brandenburg seine Mitglieder zu einem Informationstag ein. Und auch am vergangenen Freitag hat es der Vorsitzende Markus Gruhn wieder geschafft den Bogen der Referenten von EU-Kommissar Günther Oettinger über den konservativen Wolfgang Bosbach bis hin zu Gregor Gysi, dem Edelstein der Linkspartei, zu beschlagen. Von Beginn an herrschte eine Atmosphäre, der Kommunikation und die Bereitschaft gemeinsam über eine praktische Lösung der aktuellen Probleme zu arbeiten.
Zum Auftakt nach dem Begrüßungswort Gruhns, der sich als Gastgeber und Brückenbauer auch in seiner Eröffnungsrede positionierte, trat der neugewählte Präsident der Berliner Industrie- und Handelskammer, Daniel-Jan Girl, vor das Auditorium. Auch Berlin müsse die allgemeine Aufbruchsstimmung nutzen, so der Newcomer. Er versprach für seinen Wirkungsbereich mehr offene Diskussionen, Vorschläge für pragmatische Lösungen und vor allem kurze Wege. Die Zeiten, in denen einige Superschlaue vorgaben, wo es langgeht, seien vorbei. Verkrustete Strukturen und eine nicht mehr effektive Verwaltung müssten aufgebrochen werden.
Das dies nicht nur für die Berliner Immobilienwirtschaft gilt, sondern auch für die großen Probleme unserer Zeit bewiesen Günther Oettinger und Wolfgang Bosbach, die den aktuellen Stand der Bundesrepublik im internationalen Vergleich als miserabel bezeichneten. Die Stichworte hier waren der Ausbau der Digitalisierung, der Zustand der Infrastruktur sowie die Qualität des Bildungswesens. Der ehemalige Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) warnte vor einer Übermoralisierung der Klimadebatte. Vernunft und kühles Abwägen seien zwingend nötig, um auf Dauer im internationalen Wettbewerb zu bestehen. Dazu gehöre auch eine nüchterne Neubewertung der Kernkraft. Mutige Töne!
Diesen rote Faden sponn dann auch der bekannte Virologe Professor Hendrik Streeck weiter. Gleich zu Beginn räumte er die Illusion auf, die Corona Pandemie sei vorüber. Das Virus werde uns noch auf lange Zeit erhalten bleiben. Auch für ihn hänge viel vom Erfolg der Impfkampagne ab, wobei jeder das Recht habe, sich nicht impfen zu lassen. Zugleich mahnte der Top-Virologe einen differenzierteren Umgang mit der Erkrankung an. So habe man sich viel zu spät und auch dann nicht ausreichend mit der Segmentierung einzelner Schwerpunkte in Altersgruppen und Standorten gekümmert. Wohltuend waren auch die kühlen Bemerkungen des Verlegers des Grundeigentumverlages, Dieter Blümmel. Das Bauen von Wohnungen mache nur dann Sinn, wenn der Bauherr mit einer Rendite seiner Investitionen rechnen könnte. Immer neue Anforderungen an Baumaterialien und Ausstattungen trieben die Kosten in die Höhe. Das hätte unweigerlich Auswirkungen auf die Mietenpolitik. Im Übrigen, so Dieter Blümmel, herrsche in Berlin bei weitem nicht der Nachfragedruck katastrophal hoch. Auch die zurückgehende Zuwanderung in die Stadt entlaste den Wohnungsmarkt. Die Unternehmen forderten Blümmel auf, sich stärker von den schwarzen Schafen der Branche zu distanzieren. Was auf jeden Fall nicht weiter helfe, seien staatlich verordnete Mietendeckel oder gar Enteignungsszenarien. Inmitten der erlauchten Senioren gaben dann Christian Crain von der PriceHubble Deutschland GmbH sowie Matthias Eisentraut von der Lidl GmbH & Co. KG praktische Beispiele, wie mit der Digitalisierung der tägliche Arbeitsablauf effizienter gestaltet werden kann, sowie moderne Unternehmen in Zeiten von Corona und boomenden Onlinehandel weiter expandieren können.
Die Unzufriedenheit mit der Situation in Berlin brachte der langjährige Berliner Spitzenpolitiker, Verfassungsrechtler und Ex-Verteidigungsminister Rupert Scholz auf den Punkt als er feststellte, Berlin habe die Erwartungen an die Deutsche Hauptstadt enttäuscht.
Abschluss und Höhepunkt des Tages war schließlich der Auftritt von Deutschlands bekanntesten Linken, Gregor Gysi. Witzig und launig wie immer nahm er die Klagen der Immobilienbranche ins Visier. Sein Vorschlag für neue und bessere Wege war ein Bündnis zwischen Linkspartei und mittelständischer Wirtschaft. Gemeinsam müsse man gegen die internationalen Konzerne vorgehen. Ein wichtiger Schritt sei dabei, die letztendlich beschlossene Mindestbesteuerung von Facebook und Co. Die höheren Belastungen für die „Großen“ könnten dann dem Mittelstand zugutekommen.
Der Immobilientag des RDM jammerte nicht über sich selbst, sondern zeigte Wege in die Zukunft.
Dann, auf ein Neues – freuten sich viele Teilnehmer schon auf das Treffen im nächsten Jahr.