Die Kleinen lässt man zahlen, die Großen lässt man laufen
Wer sich in Berlin ein Haus kauft, der muss eine saftige Grunderwerbsteuer in Höhe von sechs Prozent des Kaufpreises an den Staat bezahlen.
Wer dagegen in Berlin viele Häuser kauft, der zahlt gar keine Grunderwerbsteuer. Er kann sie umgehen, ganz legal. Mit einem einfachen Trick. Glauben Sie das? Ich habe es nicht glauben wollen, aber es ist doch wahr.
So funktioniert der Trick, der auch Share Deal genannt wird: Eine Immobilienfirma, die mehrere Häuser verkaufen will, überführt sie vorher in eine Objektgesellschaft. Der Käufer kauft dann nicht direkt die Häuser und Grundstücke, sondern er kauft sie indirekt, indem er die Objektgesellschaft erwirbt. Auf diesen Kauf fällt keine Grunderwerbsteuer an.
Warum dieser Share-Deal-Trick überhaupt möglich ist, kann man schwer erklären. Es handelt sich offenbar um eine Gesetzeslücke, die nach Kräften ausgenutzt wird, insbesondere von großen Fonds aus dem In- und Ausland, von Versicherungen und Pensionskassen.
Aktuell erwirbt die Deutsche Wohnen AG auf diese Weise offenbar 4200 Wohnungen in Berlin. Der Stadtkasse gehen dadurch rund 40 Millionen Euro Grunderwerbsteuer verloren. Das hat der RBB errechnet.
Nach diesen Berechnungen gingen Berlin seit 2011 insgesamt 690 Millionen Euro Grunderwerbsteuer durch die Lappen, weil in diesem Zeitraum Immobilien im Wert von 13 Milliarden Euro den Besitzer wechselten, und zwar mit dem Share-Deal-Trick.
Warum wird die Gesetzeslücke nicht geschlossen, die den Share-Deal-Trick ermöglicht? Das fragt Markus Gruhn, der Vorsitzende des Ringes Deutscher Makler (RDM) in Berlin, die Politiker schon seit Jahren. Gruhn spricht von einem regelrechten „Steuerschlupfloch“.
Doch aus irgendwelchen Gründen trauen sich die Politiker an das Thema nicht heran. Der vormalige Finanzsenator Ulrich Nußbaum tat es genauso wenig wie der amtierende Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen. Im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und Linker steht sogar geschrieben, dass das Steuerschlupfloch geschlossen werden soll. Zu diesem Zwecke müsste der Senat im Bundesrat aktiv werden. Das ist auch nicht geschehen.
Also bleibt das Schlupfloch offen. Da fragt man sich ernsthaft, weshalb der ganz normale Bürger für seine eine hart ersparte Immobilie hohe Steuern zahlen soll, während Immobilienriesen die Häuser und Wohnungen zu Tausenden verschieben und dabei keinen Cent an den Staat abdrücken.
Diese schreiende Ungerechtigkeit wird ausgerechnet von Politikern der drei linken Parteien aufrechterhalten, die von sich selbst behaupten, unermüdlich im Dienste des Bürgers unterwegs zu sein.
Dann sollen sich die roten und grünen Damen und Herren doch mal trauen und den Multis das Handwerk legen, die mit den Immobilien dieser Stadt Pingpong spielen, die mit solchem Poker ungestört ihren Gewinn steigern, aber keine Steuern zahlen.
Quelle: http://www.bz-berlin.de/berlin/kolumne/die-kleinen-laesst-man-zahlen-die-grossen-laesst-man-laufen