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Das drohende Haftungsrisiko bei der englischen Limited

Der fulminante Aufstieg der englischen Gesellschaftsform „Limited“ in Deutschland begann im Jahr 2006 begann aufgrund des zur Gründung nur geringen notwendigen Nominalkapitals von einem Pfund und der schnellen unbürokratischen Gründungsmöglichkeit. Bis dato hatte es in Deutschland keine vergleichbare und kostengünstigere Möglichkeit gegeben, die unternehmerische Haftung auf das Gesellschaftsvermögen zu begrenzen. Mit der Einführung der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) im Jahr 2008, kurz UG (haftungsbeschränkt), wurde den „Limiteds“ sein deutsches Pendant vorgesetzt und führte dazu, dass die „Limited“ ihre Bedeutung in Deutschland weitgehend eingebüßt hat.

Dennoch gibt es in Deutschland nach wie vor eine erhebliche Anzahl von „Scheinauslandsgesellschaften“ mit Verwaltungssitz in Deutschland. Nach Angaben des Gesellschaftsrechtlers Udo Kornblum gab es Anfang 2016 noch rund 9000 registrierte britische „Limiteds“ in Deutschland. Solange das Vereinigte Königreich noch der Europäischen Union angehört, werden derartige Gesellschaften nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Niederlassungsfreiheit der Rechtsordnung unterstellt, nach der sie gegründet wurden (Gründungstheorie). Nach deutschem Recht gilt allerdings für eine im Ausland gegründete Gesellschaft mit Sitz in der Bundesrepublik grundsätzlich deutsches Gesellschaftsrecht (Sitztheorie).

So lange Großbritannien der EU angehört, ist die vom deutschen Bundesgerichtshof vertretene Sitztheorie durch die EuGH-Rechtsprechung (Gründungstheorie) überlagert. Mit dem Austritt Großbritanniens aus der EU wird die EuGH-Rechtsprechung allerdings aller Voraussicht nach wohl keine Anwendung mehr finden, so dass nicht mehr die Gründungstheorie, sondern die Sitztheorie eingreifen würde. Dies würde bedeuten, dass für englische „Limited“ mit Verwaltungssitz in Deutschland der Wegfall ihrer Haftungsbeschränkung droht, da das deutsche Recht die Rechtsfähigkeit von Kapitalgesellschaften an strenge formelle Voraussetzungen, nämlich die Eintragung im Handelsregister, knüpft. Eine im Ausland gegründete Kapitalgesellschaft erfüllt diese formalen Voraussetzungen schon per Definition nicht. Mit dem Ausscheiden des Vereinigten Königreichs aus der EU und aus dem europäischen Wirtschaftsraum (EWR) kann sich die Gesellschaft nicht mehr auf die Niederlassungsfreiheit berufen. In Deutschland tätige „Limiteds“ werden dann nach dem tatsächlichen Verwaltungssitz und nicht dem satzungsmäßigen Sitz in der UK beurteilt. Dies hat zur Folge, dass die Gesellschafter der „Limited“ unbeschränkt nach außen hin mit ihrem Privatvermögen haften.

Um nun das zu erwartende Haftungsrisiko auszuschließen wird es notwendig sein, entsprechende Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen: In Betracht kommt eine Verschmelzung mit einer zu gründenden Kapitalgesellschaft, d. h. mit einer GmbH oder UG. In diesem Fall koordiniert ein deutscher Notar die Verschmelzung mit dem zuständigen deutschen Handelsregistergericht. Alternativ könnte die Gesellschaft auch mit der Gesellschaft eines anderen EU-Mitgliedstaates verschmelzen. In Anbetracht von sprachlichen Hürden und unterschiedlichen Rechtssystemen halten wir jedoch deine Verschmelzung mit einer deutschen Kapitalgesellschaft für die bessere Lösung, sofern nicht besondere steuerliche Vor- und Nachteile, die in jedem Fall zu prüfen wären, zu einem anderen Ergebnis führen würden.

Axel Lipinski-Mießner, Rechtsanwalt, Geschäftsführer