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Vermieter verkaufen ihre Wohnungen – in Eigenregie

Autoren: Thimon Abele und Maximilian Sachse

Wegen des umstrittenen Berliner Mietendeckels stoßen viele Vermieter ihre Wohnungen ab. Aber die Makler der Hauptstadt profitieren nicht davon. Sie fordern die Rücknahme des Gesetzes.

„Es gibt keine positiven Aspekte des Mietendeckels. Er ist leider reine Augenwischerei.“ Markus Gruhn, Vorstandsvorsitzender des Rings Deutscher Makler (RDM) in Berlin, beklagt mit diesen Worten die negativen Auswirkungen des Gesetzes der rot-rot-grünen Landesregierung. Seit Februar 2020 sind in der Hauptstadt alle Mieten auf dem Stand vom Juni 2019 eingefroren. Ausgenommen sind Wohnungen mit einem Baujahr nach 2013 und öffentlich geförderte Wohnungen. Das Angebot an Mietwohnungen sei in Berlin seit Einführung des Mietendeckels drastisch zurückgegangen, der Neubau von Mietwohnungen finde de facto nicht mehr statt, sagt Gruhn. Für Immobilienmakler habe das zur Folge, dass sie deutlich weniger Mietwohnungen vermitteln und damit große Umsatzeinbußen hinnehmen müssen.

Die Zahlen einer exklusiven Analyse von Immoscout24 für die WirtschaftsWoche zeigen, dass auf Immoscout im Juli 2020 25 Prozent weniger Mietwohnungen in Berlin angeboten wurden als im Juli 2019. Der Rückgang des Angebots an Wohnungen mit Baujahr vor 2014, bei denen der Mietendeckel greift, betrug sogar 47,4 Prozent.

Allerdings haben viele Makler bereits 2015, infolge der Einführung des Bestellerprinzips bei Mietwohnungen, ihre Geschäftsmodelle auf die Vermittlung des Kaufs oder Verkaufs von Immobilien umgestellt. Ansonsten hätten Sie jetzt wohl noch größere Probleme. Das Bestellerprinzip besagt, dass derjenige den Makler bezahlt, der ihn auch bestellt hat. In der Regel ist das der Vermieter. Das führte dazu, dass weniger Vermieter einen Makler engagierten.

Berliner Wohnungsmarkt: Mietangebote runter, Kaufangebote rauf

Aufgrund der drohenden Senkung bestehender Mietverträge verkaufen immer mehr Vermieter ihre Eigentumswohnungen. Im Vergleich zum vergangenen Jahr stieg das Angebot an Wohnungen als Eigentum auf Immoscout um 24,5 Prozent, bei Eigentumswohnungen mit Fertigstellung vor 2014 waren es sogar 38,8 Prozent. Gleichzeitig stiegen die Preise für Wohnungen mit Baujahr vor 2014 auf Immoscout um 6,6 Prozent. Dafür sei die Coronakrise verantwortlich, erklärt Markus Gruhn. Trotz der Umstellung des Geschäftsmodells auf Kauf und Verkauf, profitierten Makler nicht vom steigenden Angebot. „Viele Eigentümer versuchen ihre Wohnungen ohne Makler auf Online-Portalen zu verkaufen.“ Ein größeres Geschäft mit Eigentumswohnungen sei für Makler deswegen momentan nicht erkennbar.

Makler begleiten laut Immobilienverband Deutschland (IVD) nur 40 Prozent aller Immobilientransaktionen. IVD-Präsident Jürgen Michael Schick sagt, dass viele Eigentümer aufgrund des Nachfrageüberhangs bei Mietwohnungen und auch bei Kaufimmobilien glauben, den Verkauf selbst managen zu können. Schick fordert eine Rücknahme des Mietendeckels: „Der Berliner Mietendeckel ist ein Desaster und zieht den Wohnungsmarkt stärker in Mitleidenschaft als die Corona-Pandemie.“ Das Gesetz sorge für Verunsicherung und Frust in der Branche.

Vermietern fehlt Planungssicherheit

Das Problem könnte sich in den nächsten Jahren für die Makler weiter zuspitzen. Ohne Wohnungsneubau durch private Investoren sei kein ausgeglichenes Angebot möglich, sagt RDM Berlin Vorsitzender Markus Gruhn. Da helfe es auch nicht, dass Neubauten ab 2014 vom Mietendeckel ausgeschlossen sind. „Das heißt ja noch lange nicht, dass nicht in den nächsten Jahren auf einmal der Neubau von 2020 unter einen neuen Mietendeckel fällt.“ Seriöse Investoren benötigten Planungssicherheit über mindestens zwanzig Jahre.

Zudem droht die Gefahr, dass der Boom des Angebots an Eigentumswohnungen nur kurz anhält. „Das Gesamtangebot von fertiggestellten Eigentumswohnungen wird in den nächsten Jahren drastisch zurückgehen“, betont Gruhn. Dann sind weitere Umsatzeinbußen zu erwarten.

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