Spitz auf Knopf – Schüler-Stasi
Kolumne von Georg Gafron
„Der größte Lump im ganzen Land ist weit und breit der Denunziant.“
Als Hoffmann von Fallersleben, der Textdichter unserer Nationalhymne, 1841 diese Zeilen schrieb, wusste er genau, wovon er sprach. In den deutschen Landen herrschte der Obrigkeitsstaat. Die monarchischen Gebilde versuchten nicht nur durch Polizei oder strenge Regeln die Meinungsfreiheit unter Kontrolle zu halten, sondern zugleich sorgte eine Vielzahl von Spitzeln und Zuträgern dafür, die Herrschaft über die Stimmung im Volke zu informieren.
Höhepunkte erreichte das Aushorchen auf der Suche nach Andersdenkenden zur Zeit der nationalsozialistischen Diktatur zwischen 1933–1945 und lückenlos weiter in der kommunistischen Unrechtsherrschaft zwischen 1945–1990 in der DDR.
Als ob es das alles mit seinen schrecklichen Folgen für die Menschen nicht gegeben hätte, schlagen Grüne, Linke und die „Erziehergewerkschaft (GEW)“ jetzt die Einführung von Meldestellen in unseren Schulen vor. Angezeigt werden sollen Lehrer, die sich im Unterricht „demokratiefeindlich“, „menschenverachtend“ oder „rechtsextrem“ äußern.
Stellt sich zuallererst die Frage: Wie verhält es sich eigentlich mit linksextremistischen Äußerungen? Freilich ist so etwas von einer Partei wie den Linken, welche die soziale Marktwirtschaft per Programm abschaffen will, auch nicht zu erwarten.
Wichtiger aber noch: Wer definiert eigentlich, was demokratiefeindlich, rechtsextrem und menschenverachtend ist? Gehört dazu vielleicht schon die Auffassung, dass es nach wissenschaftlichen Kriterien nur zwei Geschlechter gibt? Dass Menschen Positionen in der Gesellschaft vor allem nach Qualifikationen und nicht am Geschlecht orientiert erwerben sollten?
Oder sind vorgeschriebene Frauenquoten nicht männerdiskriminierend? Verstößt ein Lehrer vielleicht schon gegen den guten Ton, wenn er Waffenlieferungen an die von Russland überfallene Ukraine für richtig hält? Oder darf ein Lehrer im Geschichtsunterricht die ehemalige DDR als Unrechtsstaat bezeichnen? Die Linke sieht das bekanntlich ganz anders.
Und schließlich: Wer definiert überhaupt die Begrifflichkeiten? Etwa die Schüler, die erst einmal Wissen neutral vermittelt bekommen sollen, bevor sie Urteile fällen?
Außerdem: Was hat das Ganze für Auswirkungen auf das Schüler-Lehrer-Verhältnis? Die Lehrer müssen jederzeit aus Angst vor Denunziation mit negativen Auswirkungen für ihre Karriere auf der Hut sein. Also sollten sie schleunigst das Parteiprogramm der Linken und Grünen auswendig lernen, um nicht auf der Liste der Denunzianten zu landen.
Mit etwas Fantasie könnten Lehrer auch schnell zu Opfern von Intrigen und haltlosen Behauptungen werden. Man stelle sich nur vor, ein versetzungsgefährdeter Schüler drohte einem Lehrer für den Fall seines Scheiterns damit, er habe ihn bei „sündigen“ Blicken im Sportunterricht beobachtet und könne dies ja melden, wenn der Lehrer nicht Einsicht zeige.
Der Alltag an den Schulen der DDR und der Nazizeit grüßt. Man fragt sich, welche dunklen Fantasien manche Funktionäre antreiben.
Kritische Reaktionen auf diesen Vorstoß von Linken, Grünen und der Lehrergewerkschaft (GEW) kamen bislang nur von AfD und FDP. Doch wo bleibt die Empörung von CDU und SPD?
Wachsamkeit zum Schutz unserer freiheitlich-demokratischen Ordnung wird überall gefordert – bei der Meldepflicht von Lehrern durch Schüler ist sie mehr als herausgefordert!