Spitz auf Knopf – Riesen Sauerei
Kolumne von Georg Gafron
Man braucht nicht lange durch Berlin zu fahren um auf “verdächtige” brachliegende Grundstücke oder “Geisterhäuser” zu stoßen. Oft stehen vor den Flächen nahezu nichtssagende Schilder. Sie verkünden Bauabsichten irgendwie und irgendwann. Dann wiederum sind schmucke Neubauten entstanden. Die vorhanglosen und alle gleich toten Fenster signalisieren den Leerstand. Und das in einer Metropole mit mittlerweile chronischem Mangel an für Durchschnittsverdiener bezahlbaren Wohnraum. Dann gibt es da auch noch verfallene Bruchbuden- reif für die Abrissbirne. Skrupellose Miethaie, die nichts mit der Berliner Immobilienwirtschaft zu tun haben, treiben mit Horror Mieten menschenunwürdig Schindluder. Kein Wunder, dass hier eigentums feindliche Ideologen begonnen haben Enteignung Fantasien- die DDR lässt grüßen- zu entwickeln.
All das ist klipp und klar gesetzeswidrig. Wer ein Grundstück erwirbt und es ungeachtet einer vorliegenden Baugenehmigung länger als zwei Jahre nicht bewirtschaftet, kann als Spekulant enteignet werden. Das gleiche gilt für den willkürlichen Leerstand ebenfalls in Erwartung von Spekulationsgewinnen. Bei den Bruchbuden geht es einfach nur um die schnelle Abzocke.
Das Schlimmste dabei: Den zuständigen Behörden in den Bezirken und im Senat ist das alles längst bekannt. Doch häufig kennt man noch nicht einmal die rechtmäßigen Eigentümer. Eine Reportage des RBB deckte die kriminellen Strukturen vor kurzem auf. Da existiert ein undurchsichtiges Gewirr von obskuren Limited- Companys auf malerischen Inseln der Karibik oder sonst irgendwo im Märchenland. Als Eigentümer fungieren unerreichbare Phantasiegestalten. Die wahren Besitzer residieren in Londoner Palästen oder in Prachtvillen an der Cote d’azur, wovon nicht wenige zum erlauchten Kreis russischer Oligarchen gehören. Geschützt durch eine Schar hochbezahlter Anwälte, ist ein Aufspüren dieser Herren nur mit großem Aufwand möglich. Also lässt man es lieber gleich. Wesentlich bequemer ist dafür die Jagd und nicht selten Verunglimpfung großer privater Wohnungsbaugesellschaften wie beispielsweise “Deutsche Wohnen”.
In Wahrheit aber verletzen staatliche Ermittlungsbehörden selbst in gravierender Weise ihre Pflichten. Nach der, in der gesamten EU geltenden, Transparenzpflicht, sind sie zum Ermitteln der Eigentümer verpflichtet. Dies kommt der Strafvereitelung im Amt durch Untätigkeit gleich. Von den gewaltigen Summen, die der Gemeinschaft auf diese Weise entzogen werden, ganz zu schweigen. Jeder normale Steuerzahler wird wegen geringster Beträge mit gnadenloser Härte verfolgt. Wieder Mal gilt “ die Kleinen” hängt man, die “Großen” lässt man laufen. Der Berliner nennt das einfach nur “Sauerei”.