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Spitz auf Knopf – Großflughafen zu verschenken

Kolumne von Georg Gafron

Nachdem mir der fünfte meiner Bekannten berichtete, dass er für seinen Flug in die USA direkt die Lufthansa ab Frankfurt am Main nehmen würde, wohin er mit seiner Familie eigens nach Frankfurt (Rhein-Main) mit der Bahn anreisen würde. Zur Begründung sagte er, der umständliche und mühselige Trip über den Berliner Großflughafen Berlin – Brandenburg International, verderbe einem schon zu Beginn des Urlaubs jegliche Freude. Sicher – auch die Dienste der Deutschen Bahn hätten ihre bekannten Tücken, doch sei dieser Weg um Längen komfortabler und weniger aufreibend.

Für mich war der Anlass einmal selbst den Flughafen im Brandenburger Land zu erkunden. Ein Freund brachte mich mit seinem PKW direkt vor das Terminal.

Der Publikumsverkehr war durchschnittlich, die Lage einigermaßen übersichtlich.

Hätte ich nicht gewusst, dass es sich um das Entree des Hauptstadtflughafens handelte, hätte ich mich prompt in eines der Funktionsgebäude des realen Sozialismus versetzt gefühlt. Die gedämpften bräunlichen Farbtöne vermitteln eine kühle und sachliche Atmosphäre. Während in den meisten Flughäfen der westlichen Welt farbige Animationen vielerlei Art auf den Besucher einstürzen, herrscht hier eine fühlbare Langeweile. Vor mir eine erste Gepäck – und Passkontrolle nebst weiteren Hinweisen zum Check-In. Das Personal machte den Eindruck, als sei es schon seit Tagen in Doppelschichten tätig. Weder eine freundliche Geste oder gar ein fröhlich stimmendes Lächeln war den „Dienstwesen“ zu entlocken. Worte wie Service und Produktmarketing dürften hier noch nie gefallen sein. Selbst optimistische Zeitgenossen verlässt dabei ein gutes Stück der Vorferienlaune.

Nun beginnt die Suche nach dem Gate.

Die gute Beschilderung ließ hoffen, dass diese Herausforderung schnell überwunden sein wird. Was der ahnungslose Passagier nicht weiß, ist, dass ihn nun die Flughafen-Planer auf einen scheinbar endlosen Marsch durch die riesigen Gebäude schicken. Alles zu Fuß, versteht sich entsprechend dem ökologischen Gewissen der Planer – Rolltreppen oder Bänder sind hier nicht vorgesehen und haben Seltenheitswert. Auch wenn man sich innerlich nicht auf einen Marathonlauf eingestellt hatte, muss man da jetzt eben durch. Da das Beste bekanntlich aber immer erst zum Schluss kommt, darf eine Strapaze der besonderen Art nicht unerwähnt bleiben. Ist man aus einer Ferndestination auf einem innerdeutschen Flughafen angekommen, um dann mit einem Zubringer nach Berlin weiter zu fliegen, heißt es oftmals, Nerven und Geduld zu behalten. Der kleinere Flieger kann einfach nicht die Menge an Gepäck transportieren. Im Klartext: Es kann ewig dauern, ehe die zweite Ladung per weiterem Flugzeug in Brandenburg ankommt.

Nur am Rande – das Angebot an Erfrischungen oder ähnlichen Konsumreizen ist verstreut und bestimmt nicht an den Bedürfnissen der Passagiere ausgerichtet. Auch das passt zum Ostblock-Charme dieses Wunderwerkes neosozialistischer Baukunst.

Vielleicht ist das aber alles auch ausreichend. Denn weder die erwarteten Fluggastzahlen, noch die angebotenen Ziele erfüllen die Erwartungen. Berlin und sein Umland sind eben nicht München oder Frankfurt, weder die Kaufkraft hier noch die Anbindung an die internationalen Toprouten sind vorhanden. Flugexperten geben Berlin – Brandenburg höchstens das Prädikat Provinzflughafen für Kurzstreckenziele und sehr wenige Feriendestinationen. Kurz gesagt: Ein komplettes Managementversagen bei Planung, Kosten und Marktsituation ist die Hauptursache für das Debakel BER. Unter Insidern wird bereits getuschelt, dass die Erträge des Airports schon bald nicht mehr die Ausgaben decken würden. Vor der Pleite, die letztlich wieder der Steuerzahler ausbaden muss, noch eine Idee: vielleicht sollten die Anteilseigner einmal das Gespräch mit Elon Musk suchen. Effizient und schnell bauen, das kann der Mann ja!

Ebenso viel versteht er von Marketing und Dynamik der Marktwirtschaft und außerdem ist ihm keine Idee zu verrückt, um sie nicht in Angriff zu nehmen.