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Mitteilungen und Presse

Spitz auf Knopf – Das tut weh!

Kolumne von Georg Gafron

Im Sommer 2019 veröffentlichte die FAZ eine in ihrem Auftrag durchgeführte Umfrage zum Thema „Meinungsfreiheit in Deutschland“ des Instituts für Demoskopie in Allensbach.

Das Ergebnis war erschütternd, wurde aber von weiten Teilen der politischen Klasse und der Medienwelt ignoriert.

Denn danach würden etwa zwei Drittel der Deutschen Bedenken haben, ihre Meinung zu bestimmten gesellschaftlichen Fragen offen zu äußern. Der Grund dafür sei die Befürchtung von sozialer Ausgrenzung, beruflichen Nachteilen oder ganz allgemein unbequemen Situationen. Hauptsächlich wurden dabei Bereiche wie Migration, deutsche Nation und Nationalstolz, Militär, Geschlechterfragen – und hier speziell das Verhältnis der Geschlechter zueinander – genannt.

Besonders ausgeprägt waren diese Ängste im Bereich des öffentlichen Dienstes, ganz allgemein staatlicher Institutionen mit stark linker Prägung und im gesamten Bereich der Medien und Kultur. Da nicht zuletzt die öffentlich-rechtlichen elektronischen Medien einen maßgeblichen Einfluss auf die Bewusstseinsbildung, weit über den eigenen Status hinaus, ausüben, kommt diesen eine besondere Bedeutung zu.

Es ist naheliegend, mit der seit damals weiter ansteigenden Schweigespirale im Lande einen Rückschluss auf das andauernde Wachstum der AfD zu ziehen. Eine sich als moralisch überlegen dünkende Meinungsblase in den angemaßt sinnstiftenden Eliten (der Soziologe Schelsky sprach von „neuen Priesterschichten“) leitete aus diesen Fakten eine Bestätigung für ihren pädagogischen Auftrag ab, der jede Selbstkritik ausschloss. Dass dies zu Konflikten bis hin zum Kulturkampf führen musste, lag auf der Hand und drückte sich in „Cancel Culture“ und Propagandainszenierungen gegen Andersdenkende aus. Mittlerweile ist man sogar im Mutterland der Meinungsfreiheit, von dem die Deutschen erst nach dem 2. Weltkrieg den Wert dieses hohen Gutes gelernt hatten, auf diese Entwicklung im sich gern als Wertepartner der USA bezeichnenden Deutschland aufmerksam geworden.

Im jüngsten Bericht des amerikanischen Außenministeriums über den Stand der Menschenrechte in der Welt werden der Bundesrepublik erstmals schwerwiegende Verletzungen vorgeworfen. Dazu zählten „Einschränkungen der Meinungsfreiheit und glaubwürdige Berichte über Straftaten, Gewalt oder Gewaltandrohungen aus antisemitischen Motiven“. Letzteres bezieht sich dabei weniger auf staatliches Handeln als vielmehr auf geduldete antisemitische Hetze und auch Gewalt gegen Juden bei Demonstrationen in und außerhalb von Universitäten. Breiten Raum nimmt in dem US-Bericht eine Initiative „zur Bekämpfung von Frauenfeindlichkeit“ im Internet ein. Diese existiert seit 2022 und geht mit Mitteln des Strafrechts gegen Verfasser „frauenfeindlicher Beiträge“ vor, dies führe regelmäßig zu Hausdurchsuchungen und mehr.

Dies, so die US-Einschätzung, verstoße gegen die Ausübung der Meinungsfreiheit auch im Internet. Gemeint sind damit wohl „sexistische“ und „männlich-toxische“ Ausdrucksweisen über Frauen. Die Verfasser meinen damit wohl auch sogenannte Meldetelefone in einzelnen Bundesländern, über die vermeintlich sexistische oder rassistische Äußerungen anonym zur Anzeige gebracht werden können.

Die Folge dieser Entwicklung zeigt sich auch in einer wachsenden Verunsicherung des männlichen Geschlechts im Umgang mit seinem geschlechtlichen Gegenpart.

So könnte ja bereits ein Kompliment wie („Du hast so schöne blaue Augen“ oder „Wie kommt man zu so einer schicken Figur?“) als aggressiver Sexismus gedeutet und damit strafbar sein. Es erhebt sich die Frage, was sich gehört oder nicht, aber muss es gleich mit dem Strafrecht kollidieren? Jeder mag dazu seine Meinung haben. Das gesellschaftliche Klima, nicht zuletzt mit dem Blick auf die Meinungsfreiheit, verändert es schon.

Auf alle Fälle sollten deutsche Politiker mit dem Wort „Wertepartnerschaft“ in Bezug auf die USA in Zukunft vorsichtiger umgehen.