Maklerin will mit Verfassungsbeschwerde das Bestellerprinzip kippen
Die Berliner Maklerin Karin Gruhn ruft das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe an. Mit ihrer Beschwerde will sie die zwingende Teilung der Courtage beim Verkauf von Wohnimmobilien kippen. Das Gesetz ist seit einem Jahr in Kraft.
Zwei Tage vor Ablauf der Frist hat Karin Gruhns Anwalt die Verfassungsbeschwerde nach Karlsruhe gefaxt. Kippen will die Maklerin auf diesem Weg das sogenannte Gesetz über die Verteilung der Maklerkosten bei der Vermittlung von Kaufverträgen über Wohnungen und Einfamilienhäuser.
Seit dem 23. Dezember 2020 ist die neue Regel in Kraft. Zum ersten Mal gibt es seitdem eine bundesweit verbindliche Vorschrift zur Aufteilung der Maklerprovision. Sie sieht vor, dass die Courtage vom Auftraggeber nur noch maximal zur Hälfte an die andere Vertragspartei weitergegeben werden darf. Anders ausgedrückt: Wer den Makler bestellt, muss mindestens 50% der Gebühr zahlen.
Maklerin sieht unzulässigen Eingriff in ihre Berufsfreiheit
Karin Gruhn sieht in dieser neuen Form des Bestellerprinzips beim Verkauf einen unzulässigen Eingriff in ihre Berufsfreiheit. Und damit würde das Gesetz gegen Artikel 12 des Grundgesetzes verstoßen. Zudem glaubt sie, dass das Ziel des Gesetzgebers, nämlich die Kaufnebenkosten bei selbst genutzten Immobilien zu senken, nicht erreicht wird. Im Gegenteil: Weil der Verkäufer in der Praxis seinen Anteil auf den Kaufpreis draufschlagen wird, steigt die Forderung und damit auch alle davon abgeleiteten Nebenkosten – sowohl für den Makler als auch für den Notar und das Finanzamt.
Karin Gruhn hat bei ihrem Kampf gegen das Bestellerprinzip prominente Unterstützer. Da ist ihr Sohn Markus Gruhn, der den Ring Deutscher Makler in Berlin und Brandenburg führt. Hinter dem Berufsverband stehen 220 Mitglieder. Und da ist Wolf-Rüdiger Bub von der Münchner Kanzlei Bub Memminger & Partner. Der Jurist hat schon viele Schlachten geschlagen, etwa für den früheren Medienunternehmer Leo Kirch in dessen Streit mit der Deutschen Bank.
Einschränkung nur zulässig, wenn sie dem Gemeinwohl dient
Markus Gruhn ist optimistisch. Er sagt: „Ich gehe davon aus, dass das Verfassungsgericht unserer Beschwerde recht geben wird. Ich denke, unsere Argumentation ist sehr glaubwürdig und schlüssig.“ Außerdem habe seine Mutter einen der besten Anwälte. Auf 38 Seiten hat Wolf-Rüdiger Bub die Verfassungsbeschwerde begründet. Im Kern kommt er zu dem Schluss: Das Gesetz ist mit dem Grundgesetz unvereinbar und damit nichtig.
Die Vorschriften zur Verteilung der Courtage stellten eine Reglementierung der beruflichen Tätigkeit der Makler dar, argumentiert Bub. Deshalb seien die Vermittler in ihrem Recht auf Ausübung ihrer Berufsfreiheit betroffen. Eine Einschränkung sei nur zulässig, wenn sie dem Gemeinwohl diene. Das aber sei bei diesem Gesetz nicht der Fall. Denn die Neuregelungen führten nicht zu der vom Gesetzgeber gewünschten Entlastung bei den Kaufnebenkosten, sondern im Gegenteil zu einer signifikanten Erhöhung.
Makler beklagen negative Folgen des Gesetzes
Bei diesem Argument beruft sich Bub auf die Ergebnisse des Marktmonitors Immobilien 2021, den die Hochschule für Wirtschaft und Umwelt in Nürtingen-Geislingen veröffentlicht hat. Stephan Kippes, Professor für Immobilienmarketing, hat dazu sechs Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes rund 13.500 Immobilienprofis angeschrieben und zu ihren Erfahrungen betragt. 430 Fragebögen kamen zurück. Daraus abzulesen ist: Das Gesetz hat spürbare Auswirkungen auf die professionellen Vermittler von Wohnimmobilien.
Zum einen mussten viele Makler ihre Provisionsvereinbarungen anpassen, um dem neuen Reglement zu genügen. Zum anderen sind Auswirkungen im operativen Geschäft zu beobachten, schreibt Kippes. Dabei sei aber sowohl die leicht rückläufige Zahl der Abschlüsse als auch der gestiegene Wettbewerbsdruck nicht nur der Reform, sondern auch der von Angebotsknappheit geprägten Marktlage geschuldet. Auswirkungen wie gestiegener Verwaltungsaufwand und längere Laufzeiten bei der vollständigen Bezahlung der Courtage seien hingegen klare Auswirkungen der neuen Gesetzeslage.
Viele Verkäufer schlagen ihren Anteil auf den Kaufpreis auf
„Ein Drittel der befragten Makler fasst die Auswirkungen des Gesetzes zur Provisionsteilung als negativ für ihr Geschäft zusammen“, erklärt Kippes. „Auch wenn dieser Anteil geringer ist als der Erwartungswert von Anfang 2020, zeigt dies doch die tiefgehenden Konsequenzen der neuen Rechtslage.“ Dabei werde aus Sicht der Mehrheit der Makler das eigentliche Ziel des Gesetzes, nämlich die Entlastung der Käufer, in der Praxis „klar verfehlt“.
Viele Verkäufer würden ihren Provisionsanteil teilweise oder ganz einpreisen. Damit würden die Kaufpreise für Wohnimmobilien insgesamt steigen. Das Gesetz entfalte also nicht die erwünschte Wirkung, zitiert Anwalt Bub den Experten Kippes in der Beschwerdeschrift. Die an den Kaufpreis gekoppelten Nebenkosten für Makler, Notar, Kataster und Grunderwerbsteuer könnten sich durch die Einpreisung von Verkäuferseite sogar erhöhen. Die Makler gehen deshalb davon aus, dass nicht nur sie, sondern auch die Käufer zu den Verlierern des Gesetzes gehören.
Infolgedessen sei das Gesetz nicht geeignet, Käufer zu entlasten und diene somit nicht dem Gemeinwohl, folgert Bub. Und damit sei auch der Eingriff in die Berufsfreiheit der Makler nicht gerechtfertigt.
Quelle: siehe hier